Viktorianisches Zeitalter

Das Viktorianische Zeitalter umfasst die namensgebende, ungewöhnlich lange Regierungsperiode von Queen Victoria. Während sich in Europa verschiedenste Stilrichtungen wie insbesondere Historismus und Jugendstil entwickelten, bezeichnet man heute im Kunsthandwerk mit dem Sammelbegriff „Victorian Style“ alles, was mit Ausnahme der so genannten "Arts and Crafts Bewegung" im Zeitraum 1837 bis 1901 in England, Schottland und Irland entstand.
Das viktorianische Zeitalter lässt sich dabei in drei Stilepochen unterteilen:
- Early Victorian (1837 bis 1860), welche man auch als romantische Periode bezeichnet
- Mid-Victorian (1860 bis 1885) auch Grand Period genannt
- Late Victorian (1885 bis 1901), als gern als ästhetische Periode bezeichnet
Design, Form und Materialien der in den verschiedenen Phasen entstandenen Schmuckstücke sind eng mit den persönlichen Lebensumständen von Queen Victoria verknüpft. Wie ihr geliebter Gemahl Albert war sie eine große Liebhaberin von Kunst und Kultur, Schmuck spielte dabei natürlich eine zentrale Rolle. Die romantische und optimistische Grundstimmung lässt sich auch aus den jeweiligen Schmuckstücken ablesen. Mit Gravuren geschmückte Armbänder, Medaillons mit liebevollen Inschriften oder Portraits, Broschen aus Silber mit Halbedelsteinen wie Quarz oder Karneol sowie herrlich glänzende Colliers aus Gelbgold, besetzt mit Farbedelsteinen. Motive aus der Renaissance, dem Mittelalter und der Natur werden dabei gern adaptiert.
Der Tod von Prinz Albert im Jahr 1861 traf Queen Victoria zutiefst, für etwa 20 Jahre zog sie sich aus der Öffentlichkeit zurück. Auch trägt sie zeitlebens nur noch Schwarz – Trauerschmuck war folglich weit verbreitet. Allgemein wirkt der Schmuck aus dieser mittleren Epoche „schwer“, oftmals besetzt mit dunklen Steinen aus Onyx, Amethyst, Granat oder Jett, einem ausgesprochen beliebten, aus bituminöser Braunkohle (Pechkohle) gewonnenen Material, welches bei der Londoner Weltausstattung 1851 Premiere feierte.
Gleichzeitig ist aber das mittlere viktorianische Zeitalter durch den wachsenden Reichtum der Bevölkerung sowie den fortschreitenden Abbau von Edelsteinen in den Kolonien wie u.a. Indien und insbesondere Südafrika. Imposante Schmuckstücke entstanden, auch wirkten sich die enormen Diamantenfunde auf Angebot und Nachfrage aus: Diamanten wurden günstiger, größere Bevölkerungsschichten konnten sich entsprechende Schmuckkreationen leisten.
In der letzten Phase des viktorianischen Zeitalters setzte sich mehr Einfachheit bei Form und Material durch, der französischen „Art nouveau“ und des deutschen Jugendstils sind unübersehbar. Auch wurde weniger Schmuck getragen. Schlicht sollte es sein - Opale, Mondsteine und natürliche Perlen waren weit verbreitet. Beliebte Motive, bspw. bei mit kleinen Diamanten besetzten Broschen, waren Sterne, Vögel, Insekten oder Eidechsen.